Sind Sie dabei, Ihr Fehlermanagement weiterzuentwickeln? Dann beschäftigen Sie sich wahrscheinlich auch mit dem Thema „Fehler vermeiden“. Welchen katastrophalen Einfluss eine mangelnde Kommunikation auf menschliche Handlungen haben kann, schildert das folgende Beispiel:
Am 27. März 1977 kollidierte auf dem Flughafen Los Rodeos auf Teneriffa ein Jumbo-Jet (Boeing 747) der KLM Royal Dutch mit einem Jumbo-Jet der Pan Am. An Bord der Flugzeuge befanden sich insgesamt 644 Personen. Nur 70 Insassen des Pan-Am-Jumbos überlebten den Zusammenstoß; von diesen erlagen neun später ihren Verletzungen. Mit 583 Toten ist der Unfall einer der schwersten der zivilen Luftfahrt.

Quelle YouTube
Eine wesentliche Ursache war bei diesem Crash die mangelnde Kommunikation zwischen den beiden Maschinen und dem Tower. Ein Auszug aus dem Kommunikationsprotokoll finden Sie auf Wikipedia.
Nicht nur in der Luftfahrt kann eine mangelnde Kommunikation zur Katastrophe führen. Auch in anderen Unternehmen ist mangelnde Kommunikation eine der Hauptursachen für Fehler von Mitarbeitern. Auch wenn diese nicht immer gleich in einer Katastrophe enden, sondern manchmal nur sehr viel Geld und Nerven kosten, macht es Sinn, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Deshalb möchte ich heute aus meinem Fehlermanagement-Nähkästchen ein paar Tipps geben. Wie Sie selbst, und gegebenenfalls Ihre Mitarbeiter, Fehler vermeiden können, die auf eine mangelnde Kommunikation zurückzuführen sind.
Verbale Kommunikation
Für das erfolgreiche und fehlerfreie Erledigen einer Aufgabe braucht jeder neben geeigneten Betriebsmitteln, einer geeigneten Arbeitsumgebung, dem notwendigen Wissen, geeigneten Rohmaterial usw. eine präzise Information, was gemacht werden muss. Dazu bedarf es einer geeigneten Kommunikation zum Übertragen, Empfangen oder Bereitstellen notwendigen Informationen.
Jetzt ist es aber so, dass in einer normalen Konversation beim Empfänger in der Regel nur 30% des Inhalts – manchmal sogar noch weniger – empfangen und verstanden wird. Sie kennen das bestimmt aus dem „Stille Post“-Spiel. Man weiß jedoch, dass die Empfänger einer Botschaft am besten den ersten und letzten Teil dessen behalten, was der Sender sagt. Und ob er das dann auch so versteht wie der Sender meint und das Ganze auch noch umsetzt wie geplant, kommt erschwerend noch hinzu.
Konrad Lorenz, ein berühmter Verhaltensforscher, hat diesen Aspekt treffend formuliert.
Es kommt also nicht nur darauf an, etwas zu sagen, sondern auch sicherzustellen, dass der Empfänger bereit ist die Botschaft des Senders zu empfangen und umzusetzen.
Tipp Nr.1:
- Sagen Sie die wichtigsten Dinge am Anfang und wiederholen Sie sie am Ende.
- Lassen Sie bei wichtigen Informationen diese von Ihrem Gegenüber wiederholen. Überzeugen Sie sich davon, dass er die Botschaft richtig verstanden hat. Fragen Sie ausdrücklich, ob er in der Lage ist, das Gewünschte auch umzusetzen. Beharren Sie auf einer ehrlichen Antwort.
Übergabeprotokoll, Schichtbuch & Co.
Bei der Fehlerquelle „mangelnde Kommunikation“ geht es aber nicht nur um die verbale Kommunikation. Sehr oft müssen Informationen schriftlich weitergegeben werden. Z.B. bei Schichtwechsel in einem Übergabebuch, einem Prüfprotokoll, einem Wartungsbericht, Logbuch usw. In vielen Fällen muss der Mitarbeiter, der eine angefangene Arbeit oder eine Maschine nach einer Instandsetzung übernimmt, genauestens über den Zustand informiert sein. Damit er eventuelle Probleme, die noch nicht geklärt oder erledigt sind, für seine Arbeit berücksichtigen kann.
Tipp Nr.2:
- Beschreiben oder Kennzeichnen Sie beim Verlassen eines Arbeitsplatzes den Zustand für den Nachfolger so, wie Sie an seiner Stelle selbst informiert sein möchten.
- Wenn Sie eine Arbeit übernehmen mit der andere begonnen haben, informieren Sie sich genau über den Stand der erledigten und nicht erledigten Arbeiten. Nehmen Sie nichts als gegeben hin, sondern fragen Sie gegebenenfalls nach. Beschaffen Sie sich die Informationen, die Sie benötigen, um eine Arbeit ohne Gefahren weiterzuführen. Auch hier gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Arbeitsanweisungen, Betriebsanweisungen & Co.
Ein anderes heikles Thema gehört auch zum Thema „mangelnde Kommunikation“: Arbeitsanweisungen, Handbücher, Betriebsanweisungen usw..
Viele Fehler passieren, weil Mitarbeiter sich bei Wissenslücken nicht informieren (können).
Die Gründe sind vielfältig:
- Die Arbeitsanweisungen sind zu umfangreich und / oder schlecht strukturiert. Die gesuchte Information wird nur mit großem Aufwand gefunden – wofür sich niemand die Zeit nehmen kann oder will.
- In den Arbeitsanweisungen werden Formulierungen, Fachbegriffe usw. verwendet, die zwar der Ersteller in der Arbeitsplanung versteht, aber nicht der Mitarbeiter, für den sie gedacht sind. Also lässt er sie gleich links liegen.
- Arbeitsanweisungen werden häufig auch nicht benutzt, weil jeder weiß, dass sie veraltet sind. Und sich keiner um den Änderungsdienst kümmert.
- Der Mitarbeiter ist des Lesens überhaupt nicht mächtig. Sei es, dass es nicht seine Muttersprache ist oder er überhaupt nicht lesen kann – ja, das gibt es Deutschland auch noch.
Tipp Nr.3:
Als Arbeitsplaner:
- Orientieren Sie sich bei der Formulierung von Arbeitsanweisungen an der Sprache, die die betroffenen Mitarbeiter sprechen. Verwenden Sie keine Fachbegriffe, Formulierungen usw., die nur Sie selbst verstehen. Vielleicht schauen Sie mal in ein Buch mit Kochrezepten und holen sich Ideen was die Illustration, Auflistung der benötigten Materialien und die Tätigkeitsbeschreibung betrifft.
- Berücksichtigen Sie, dass nicht immer der selbe Mitarbeiter an einem Arbeitsplatz tätig ist. Deshalb ist ein enger Kontakt zu den betroffenen Mitarbeitern extrem hilfreich. Holen Sie sich kontinuierlich Feedback von Ihren internen Kunden.
Als Führungskraft:
- Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter wissen, wo die Arbeitsanweisungen abgelegt sind. Die Arbeitsanweisungen nützen nichts, wenn sie in einem verschlossenen Schrank liegen und jedes Mal muss irgendwoher der Schlüssel geholt werden.
- Überzeugen Sie sich permanent davon, dass Ihre Mitarbeiter die zur Verfügung stehenden Arbeitsanweisungen auch benutzen. Sie sehen das am besten an den Gebrauchsspuren. Sehen die Arbeitsanweisungen nach einem halben Jahr noch so aus, als kämen sie gerade aus dem Drucker, dann benutzt sie keiner.
- Wenn Arbeitsanweisungen von den Mitarbeitern nicht akzeptiert werden, klären Sie im Team und mit dem Verfasser, warum nicht.
- Stellen Sie, wo immer es Sinn macht und wo es darauf ankommt, keinen Arbeitsschritt zu vergessen, zusätzliche Checklisten anstatt oder als Ergänzung zu Arbeitsanweisungen zur Verfügung. Checklisten sind sehr gut geeignet, um Fehler zu vermeiden. Das kann Ihnen jeder Pilot bestätigen.
Gebotsschilder, akustische Warnhinweise, Warnschilder, Beschriftungen & Co.
Auch diese Kommunikationsmittel können dazu beitragen, Fehler zu vermeiden – wenn man sie denn richtig einsetzt. Worauf sollten Sie achten, damit die erwünschte Wirkung nicht verpufft?
Tipp Nr.4:
- Vermeiden Sie eine Überfrachtung der Arbeitsplätze, Gänge, Fahrwege usw. mit Warnhinweisen. Den Mitarbeitern geht es sonst wie so manchem Autofahrer, der an innerstädtischen Straßen von lauter Verkehrsschildern „erschlagen wird“. Warum ist das so? Bei der kurzzeitige Reizüberflutung mit Warnhinweisen kann unser Gehirn gar nicht verarbeiten. Es blendet einfach viele Informationen aus.
- Stellen Sie sicher, dass die Botschaft bzw. der Zweck von Warnhinweisen, Gebotsschildern, akustischen Signalen usw. bei den Mitarbeitern auch bekannt ist.
- Und wenn ein Warnhinweis einmal nicht mehr notwendig ist, dann entfernen Sie auch mal das eine oder andere Schild. Die regelmäßig durchzuführende Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen bietet dazu eine gute Gelegenheit.
Habe ich etwas vergessen? Oder haben Sie noch andere Erfahrungen gemacht? Dann hinterlassen Sie doch einen Kommentar. Ich freue mich über Ihr Feedback.
Oder haben Sie noch Fragen zum Thema „Fehler vermeiden“? Dann schicken Sie mir einfach eine persönliche Nachricht.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung.
Peter Cartus
Sie wollen jetzt den nächsten Schritt machen?
Sie haben jetzt den Entschluss gefasst, etwas zur Senkung der Fehlerrate und Fehlerkosten in Ihrem Unternehmen oder in Ihrem Verantwortungsbereich zu tun?
Dann schlage ich Ihnen vor, als erstes ein unverbindliches Orientierungsgespräch zu führen, wie wir gemeinsam das Fehlermanagement und den Problemlösungsprozess in Ihrem Unternehmen auf das nächste Level heben können. Damit Sie die Arbeitsunfälle, Qualitätsmängel, Produktionsstörungen, Nacharbeitskosten usw. endlich in den Griff bekommen.