Arbeitsunfälle vermeiden

Arbeitsunfälle vermeiden

Was war Ihre erste Reaktion auf die Situation, die Sie auf dem Beitragsbild sehen?

So wie die eines Kommentators in einem anderem Beitrag mit diesem Bild? “… so ein Verhalten muss disziplinarische Konsequenzen haben, was aber oft nicht gemacht wird, …

Zugegeben, so reagieren aus meiner Erfahrung die meisten Menschen. Aber wenn Sie schon länger auf dieser Webseite unterwegs sind, wissen Sie, dass es noch eine zweite Seite der Medaille gibt.

Und darum geht es in diesem Beitrag:

Warum verstoßen Mitarbeiter bei ihrer Arbeit gegen Sicherheitsvorschriften bzw. gegen Regeln und bringen sich und andere unnötig in tödliche Gefahr?

Und warum halten Mitarbeiter die von der Arbeitsplanung vorgegebenen Prozessstandards nicht ein und verursachen dadurch in vielen Fällen unnötige Nacharbeits- und Ausschusskosten?

Und schließlich: was können Führungskräfte tun, damit Mitarbeiter nicht gegen Sicherheitsvorschriften und Prozessstandards verstoßen (müssen)?

In der Fehlerforschung bei Hochzuverlässigkeitsorganisationen hat man Regelverstöße in verschiedene Kategorien eingeteilt. Diese sollte jeder kennen, der sich mit dem Thema “Arbeitsunfälle vermeiden” beschäftigt:

1 Unbeabsichtiger Regelverstoß

Charakteristik:

Der Regelverstoß war dem betroffenen Mitarbeiter nicht bewusst.

Mögliche Ursache:

Eine Schulung, Training, Einweisung usw. hat nie stattgefunden oder wurde nur oberflächlich durchgeführt.

2 Situationsbedingter Regelverstoß

Charakteristik:

Ohne den Regelverstoß kann die Tätigkeit bzw. der Arbeitsvorgang nicht zu Ende gebracht werden können.

Mögliche Ursachen:

  • Der physische oder psychische Zustand eines Mitarbeiters oder des Teams durch die plötzlich veränderte Situation am Ort des Geschehens.
  • Die Betriebsmittel fehlen oder sind nicht geeignet, um auf die ungeplante Situation richtig zu reagieren.
  • Einfluss der sich plötzlich ändernden Arbeitsumgebung. Z.B. durch Lärm, Lichtverhältnisse, Luftfeuchtigkeit usw.
  • Fehlendes Problem- bzw. Situationsbewusstsein beim Mitarbeiter oder im Mitarbeiterteam.
  • Mangelnde Zusammenarbeit im Team oder mit dem Vorgesetzten.
  • Mangel an den notwendigen Ressourcen, um mit der Situation fertig zu werden.
  • Mangelnde Kommunikation im Team, mit Vorgesetzten, Dritten usw.
  • Regelverletzungen, bzw. die Nichteinhaltung von Normen und Richtlinien werden im Unternehmen toleriert.
  • Die Gefährdungsbeurteilung wurde nur overflächlich durchgeführt.

3 Regelverstoß im Interesse des Unternehmens

Charakteristik:

Der erwartete Nutzen für das Unternehmen ist höher als das mögliche Risiko

Mögliche Ursache:

  • Offensichtliche Möglichkeiten, Verschwendung zu vermeiden. Z.B. Zeit, Energie, unnötiger Transport, Kosten, überflüssige Bestände usw.

4 Regelverstoß im Interesse des Mitarbeiters

Charakteristik:

Der erwartete Nutzen für Mitarbeiter ist höher als das mögliche Risiko

Mögliche Ursache:

  • Die erwartete Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens ist gering. Sichtweise: “Es wird schon nichts passieren!
  • Erwartete Folgen natürlicher Konsequenzen sind gering. Sichtweise: “Es wird schon nicht so schlimm werden!

5 Fahrlässiger Regelverstoß des Mitarbeiters

Charakteristik:

Die (negativen) Konsequenzen für das Unternehmen oder für Dritte werden in Kauf genommen.

Mögliche Ursache:

  • Die erwartete Wahrscheinlichkeit des Entdeckens ist gering. Sichtweise: “Es wird schon keiner merken!
  • Die erwartenden Folgen des Entdeckens sind gering. Sichtweise: “Es Folgen nehme ich in Kauf!
  • Die Arbeitsaufgabe wird als unnütz oder unnötig empfunden.
  • Frust.

6 Strategien zur Vermeidung von Regelverstößen

Geeignete Vorbeugemaßnahmen

  • Vorbildfunktion der Führungskräfte bei der Einhaltung von Regeln
  • Regelmäßige Kommunikation über
    • Sinn und Zweck der Regeln,
    • Risiken für die Mitarbeiter und das Unternehmen,
    • Vorteile von sicherem Verhalten,
    • Nachteile von sicherheitswidrigem Verhalten
  • Festlegung und Kommunikation von unternehmensspezifischen “Lebenswichtigen Regeln”, “rote Linien”, “No-Go´s” usw., deren Überschreitung immer gemeldet und untersucht werden muss, wie z.B.
    • Ausführung von Arbeiten nur mit einer gültigen Arbeitserlaubnis, wenn diese vorgeschrieben ist,
    • kein Aufenthalt unter schwebenden Lasten,
    • keine Benutzung von Smartphones beim Führen von Flurfördererzeugen,
    • Durchführung von Höhenarbeiten nur mit Maßnahmen gegen Absturz,
    • keine Nutzung von elektrischen Geräten ohne Ex-Schutz in Lackieranlagen,
    • .…
  • Regelmäßige Überprüfung von internen Regeln, Richtlinien, Gefährdungsbeurteilungen, FMEA´s usw., und Anpassung bei sich ändernden Rahmenbedingungen.
  • Weiterentwicklung der Mitarbeiter für die eigenständige Furchführung von strukturierte Problemlösungen.
  • Einführung eines Eskalationsprozesses zur Klärung von Zielkonflikten.
  • Reaktion der Führungskräfte bei der Meldung von Mängeln und Schwachstellen im System.
  • Unterstützung der Mitarbeiter bei der Entwicklung und Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen.
  • Berücksichtigung von sicherheitsgerechten Arbeitsweisen in der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung,

Aber auch:

  • Arbeitsrechtliche Maßnahmen bei inakzeptablen oder wiederholten Regelverletzungen.

Arbeitsunfälle vermeidenWenn es Ihnen jetzt noch gelingt, in geeigneter Form auch bei Regelverletzungen in Bagatellfällen oder bei Beinaheunfällen zu reagieren, sind Sie auf dem richtigen Weg. Analog zur Unfallpyramide nach Herbert William Heinrich, gehen viele Regelverletzungen zunächst glimpflich aus. Aber man sollte das Glück nicht herausfordern. Irgendwann kommt es zu Konstellationen, wo ein “kleiner” Fehler bzw. Regelverstoß zur Katastrophe führt.

7 Umgang mit Regelverstößen bei der Untersuchung von Beinaheunfällen und Arbeitsunfällen

Kommt es zu einem Beinaheunfall oder Arbeitsunfall ist die Analyse der Ursachen eine wichtige Quelle zur Festlegung der geeigneten Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen.

Deshalb ist es die Hauptaufgabe bei einer Untersuchung herauszufinden, warum ein Mitarbeiter in der jeweiligen Situation so und nicht anders gehandelt hat. Bedingung hierfür ist jedoch, dass dem betroffenen Mitarbeiter vorher Sanktionsfreiheit zugesichert wurde.

Ansonsten werden Sie nie die wahren Hintergründe für sein Handeln erfahren.

Auch sollte die rechtliche Bewertung völlig von der Untersuchung was, wie und warum passiert ist, getrennt werden.

Was Sie bei einem solchen Interview beachten sollten, können Sie in diesem Blogbeitrag nachlesen.

Sie wollen jetzt den nächsten Schritt machen?

SigmaConsult-Peter-Cartus-Nullfehlermanagement-2

Sie haben jetzt den Entschluss gefasst, etwas zur Senkung der Fehlerrate und Fehlerkosten in Ihrem Unternehmen oder in Ihrem Verantwortungsbereich zu tun?

Dann schlage ich Ihnen vor, als erstes ein unverbindliches Orientierungsgespräch zu führen, wie wir gemeinsam das Fehlermanagement und den Problemlösungsprozess in Ihrem Unternehmen auf das nächste Level heben können. Damit Sie die Arbeitsunfälle, Qualitätsmängel, Produktionsstörungen, Nacharbeitskosten usw. endlich in den Griff bekommen.